Letzten Mittwoch, am 20.05., waren wir zusammen mit Ende Gelände Tübingen auf der Straße. Wir haben klar gemacht: Im Jahr 2020 noch ein neues Kohlekraftwerk ans Netz nehmen ist Irrsinn! Datteln 4 darf nicht in Betrieb genommen werden.
Hier der Redebeitrag unserer Aktivistin Anneke Martens zum Nachlesen:
Wir stehen heute zusammen mit Ende
Gelände Tübingen zum ersten Mal wieder als Versammlung auf der Straße. Am
letzten globalen Klimastreik, am 24.04. haben wir unseren Protest ins Netz
verlegt und unsere Schilder für uns auf der Straße stehen lassen. Das war gut
und wichtig. Abstand halten ist wichtig. Deshalb achtet bitte auch jetzt alle
gut auf den Mindestabstand! Steht nur in Zweiergruppen oder mit Leuten aus
eurem Haushalt enger zusammen als 1,5 Meter und tragt bitte euren
Mund-Nasen-Schutz.
Leider können wir es uns nicht leisten, weiter nur zuhause zu bleiben, denn die
Klimakrise macht keine Pause für uns. Im Gegenteil. Sie wird weiter verschärft
durch das völlig verantwortungslose Handeln von fossilen Energiekonzernen und
von der Bundesregierung. Diesen Frühsommer, im Jahr 2020 soll ein neues
Kohlekraftwerk ans Netz gehen, Datteln 4. Das ist absurd. Deshalb stehen wir
jetzt hier mit Abstand auf der Straße. In ganz Deutschland gibt es heute
vielfältige Protestaktionen. Eigentlich würden wir gerade zu Tausenden vor
dem Kraftwerk stehen oder es blockieren. Das geht leider gerade nicht. Umso
wichtiger, dass wir trotzdem nicht aufhören, unseren Protest sichtbar und
hörbar zu machen.
Wir haben hier symbolisch eine Kohlenmauer aufgebaut. Die schwarz bemalten
Kartons stehen für die Millionen Tonnen Steinkohle, die jährlich in deutschen
Kraftwerken verbrannt werden. Und außerdem dafür, wie Kohle schon heute
Menschen ihr Leben verbaut. Die Steinkohle für Datteln 4 wird in Ländern wie
Kolumbien und Russland abgebaut und dann hierher verschifft und verbrannt. Zum
Strom aus den Kraftwerken hier haben die Menschen in den Abbaugebieten meistens
keinen Zugang. Trotzdem tragen sie für uns die ökologischen und blutigen
sozialen Folgen der fossilen Energiewirtschaft.
Was genau hat es mit Datteln 4 auf sich? Datteln 4 gehört dem Energiekonzern Uniper. Noch ist es nicht am Netz, noch ist es nicht in Betrieb genommen. Uniper und auch einige Politiker*innen argumentieren, dass Datteln moderner und effizienter sei als andere Kraftwerke, die dafür vom Netz genommen werden. Dass man damit also Emissionen sparen würde. Aber das ist absoluter Unsinn! Uniper will zwar tatsächlich 3 ältere Kraftwerke für Datteln 4 abschalten, aber was zählt ist ja nicht die Anzahl der Kraftwerke sondern deren Leistung. Und da sieht die Rechnung so aus: 380 MW abschalten, 1055 MW anschalten. Damit würde Datteln in seiner Laufzeit rund 40 Millionen Tonnen CO2 mehr ausstoßen als – die Emissionen des Transports von der Kohle noch gar nicht mitgerechnet. Es spart also gar nichts ein, im Gegenteil. Datteln schließt auch keine Versorgungslücke! Stattdessen produziert es mehr zusätzlichen Strom, der dann umweltfreundlicheren Strom aus dem Netz verdrängt. Es blockiert die Energiewende.
Deutschland muss bis spätestens 2030 aus der Kohle raus sein. Sonst verabschieden wir uns endgültig vom 1,5 Grad-Ziel. Es ist also absoluter Irrsinn, jetzt noch ein neues Kohlekraftwerk anzuschalten. Sogar der Kohlekompromiss von 2019 sieht ausdrücklich vor, dass keine neuen Kraftwerke in Betrieb genommen werden sollen. Als der Kompromiss bekannt gegeben wurde, war das schon ein Schlag ins Gesicht aller zukünftigen Generationen und der Menschen im globalen Süden. Ich erinnere mich noch an den Tag. Und ich hätte nie gedacht, dass dieser schlechte Kompromiss noch einmal unterboten wird. Es wird ein weiteres Mal deutlich: Mit der aktuellen Bundesregierung scheint kein echter Klimaschutz möglich zu sein.
In einigen Bundesländern werden jetzt die Abstandsregeln für Windräder verschärft. 1.000 Meter Abstand zur nächsten Bebauung. Datteln steht bloß 400m von einem Wohngebiet entfernt. Es hätte rechtlich gesehen an dieser Stelle gar nicht erst gebaut werden dürfen. Von Beginn an verstieß die Planung auch gegen Naturschutzgesetze. Datteln 4 ist also ein Schwarzbau. Auch heute ist das Kraftwerk noch nicht rechtskräftig genehmigt. Es
sind noch auf drei Ebenen verschiedene Klagen anhängig. Politiker wie Wirtschaftsminister Altmaier sind allerdings entweder nicht richtig darüber informiert, oder behaupten bewusst die Unwahrheit. Er sagte bei einer Pressekonferenz: „Uniper hätte alle Rechtsinstanzen durchschritten und gewonnen und den Anspruch, dass dieses Kraftwerk ans Netz geht.“ Das ist falsch. Hier werden die Interessen eines Konzerns über die Interessen und Rechte der Menschen gestellt.
Warum demonstrieren wir eigentlich heute
und nicht an einem Freitag? Heute ist die Hauptversammlung des Energiekonzerns
Uniper. Deshalb sind wir heute laut. In vielen Städten wird auch direkt vor
Unipers Standorten demonstriert.
Aber nicht nur der Energiekonzern Uniper ist an der Sache beteiligt. Die Deutsche
Bank zum Beispiel investiert über ihre Anteile in Datteln 4. Ebenso die
finnische Regierung. Solche Investitionen in fossile Energien müssen sofort
gestoppt werden. Mit Unternehmen wie Uniper darf nicht zusammengearbeitet
werden. Das sollte auch die Deutsche Bahn wissen. Sie hat sich vertraglich
verpflichtet, einen großen Teil ihres Stroms direkt von Datteln 4 abzunehmen.
Corona hat an unglaublich vielen Stellen klar gemacht, dass wir einen Neustart
in der Wirtschaft brauchen. Ein System, das plötzlich zusammenbricht, wenn
Leute nur noch die Sachen kaufen, die sie wirklich brauchen, ist kein gutes,
stabiles System. Wir brauchen einen sozialen und ökologischen Neustart, weg
vom fossilen Kapitalismus. Es ist möglich, unser Zusammenleben gerechter zu
gestalten, fangen wir mit dem Kohleausstieg an.
Mit Datteln 4 und den zusätzlichen Emissionen daraus lassen sich keine Klimaziele erreichen. Von den Menschenrechtsverletzungen in den Kohle- Lieferketten ganz zu schweigen. Deshalb darf Datteln 4 nicht ans Netz, deshalb werden wir Datteln 4 stoppen!
Weitere Infos zum Thema Datteln 4 findet ihr hier: https://stoppdatteln4.de