Die große Koalition hat sich auf ein riesiges Konjunkturpaket geeinigt. Wir sind erleichtert, dass unser breiter Protest Schlimmeres, wie die Abwrackprämie, verhindern konnte. Und auch, dass sich die SPD offenbar an einigen Punkten gegen die CDU durchsetzen konnte. Aber das Konjunkturpaket ist alles andere als Klimaschutz, wir sind damit zwar keinen Schritt zurück, aber auch keinen Schritt weiter gekommen. Es ist traurig, dass die GroKo mit der endlosen Debatte über wirkungslose und klimaschädliche Kaufprämien die Erwartungen so weit nach unten geschraubt hat, dass es quasi unmöglich war, sie zu unterbieten.
Aber im Konjunkturpaket sind doch Gelder
für ÖPNV und die Bahn vorgesehen? Ja, allerdings fangen die Gelder für den
ÖPNV gerade einmal die Verluste durch Corona auf. Die Bahn muss sogar die
Hälfte der Gelder selbst durch Einsparungen beim Personal usw. aufbringen.
Eine Verkehrswende, ein Ausbau des Schienennetzes, lässt sich so definitiv
nicht finanzieren (ca. 5-7 Milliarden für die DB). Gleichzeitig bekommt die Lufthansa
9 Milliarden Euro und das ohne soziale und ökologische Bedingungen. Das gilt für
das gesamte Konjunkturpaket: Keine ökologischen Bedingungen an Unternehmen
für die Fördermittel. Es gibt außerdem kein Konzept und keine Subventionen
für den Radverkehr. Stattdessen werden neben Elektroautos auch
Plug-in-Hybride, also Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und Elektroantrieb, mit
Kaufprämien gefördert. Diese verbrauchen teilweise mehr als normale
Verbrenner-Motoren. Währenddessen hat Italien gerade eine Kaufprämie für
Fahrräder beschlossen.
Auch die umweltschädlichen Subventionen, die immer noch vom Staat gezahlt
werden, wurden nicht abgeschafft (aktuell über 57 Milliarden Euro).
Gleichzeitig gibt es im Konjunkturpaket fast nichts für den Ausbau der
erneuerbaren Energien inklusive der zukunftsfähigen Arbeitsplätze, die
dadurch entstehen könnten. Vor
Kurzem wurde zwar beschlossen, dass der PV-Deckel abgeschafft werden soll, aber
passiert ist das immer noch nicht. Auch die energetische Gebäudesanierung
müsste viel mehr angegangen werden. Es gibt zwar eine Aufstockung der Gelder
für Gebäudesanierung, aber vermutlich lange nicht genug (2,5 Milliarden
Euro). Die Investitionen in emissionsarme und das Gemeinwohl fördernde Sektoren
wie Bildung und Pflege reichen ebenfalls bei Weitem nicht aus.
Im ganzen Konjunkturpaket gibt es keinen Mechanismus, der sicherstellt, dass die Maßnahmen keine steigenden Emissionen verursachen. Es wurde zwar akribisch geprüft,
wie sie sich finanzieren lassen, aber scheinbar hielt es niemand für nötig, zu checken, ob die Maßnahmen das deutsche Emmissionsbudget für Paris einhalten. Niemand weiß, wie der Co2 Fußabdruck dieses Paketes aussieht. Und weil die Industrien keine Dekarbonisierungspläne vorlegen müssen, werden die Emissionen vermutlich zu hoch sein für 1,5 Grad.
Soziale Absicherung und Wirtschaftshilfen sind wichtig, keine Frage, aber sie dürfen uns nicht noch tiefer in die Klimakrise schlittern lassen. Das Problem: „Das Wirtschaftskonzept der Exportnation Deutschland ist auf steigenden Ressourcenverbrauch ausgerichtet, und kommt nach wie vor mit Mengen an Treibhausgasen einher, die wir uns nicht mehr leisten können. Statt darüber nachzudenken, wie eine Wirtschaft aussieht, die mit dem notwendigen Grad an Klimaschutz vereinbar ist, wird weiterhin verhandelt wie der Klimaschutz aussehen kann, der den für notwendig befunden Grad an Wirtschaftswachstum nicht stört.“ Das schreibt Luisa Neubauer in ihrer aktuellen Stern-Kolumne. Mit dem Konjunkturpaket wurde die Chance auf einen ökologischen Neustart und Wiederaufbau der Wirtschaft verpasst. Diese verpasste Chance kommt allerdings zu einem Zeitpunkt, wo wir uns sowas nicht mehr leisten können. Am Ende zählt für das Klima einzig und allein, ob der CO2-Fußabdruck des Paketes im Klimaabkommen steht oder nicht. Und das tut er nicht.
Aber: Wir haben gesehen, was Protest bewirken kann! Sogar während Corona. Also keine Sorge, wir bleiben dran und laut und sehen uns demnächst wieder auf der Straße!